Autonomie ist kein politisches Abstraktum, sondern im Gegenteil etwas sehr Konkretes. Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Autonomie (Selbstbestimmung) und dem breiten Dienstleistungsangebot. Hier einige Beispiele:
– Weil das Unterrichtswesen im Jahre 1988 vergemeinschaftet wurde, können wir seitdem im Bildungsbereich gezielte Maßnahmen, die genau auf die Bedarfe der ostbelgischen Schulen abzielen, ergreifen.
– Weil wir seit dem 1. Januar 2020 durch die Übertragung der Raumordnung von der Wallonischen Region an unsere Gemeinschaft selbst für diese zuständig sind, können wir kurz-, mittel- und langfristig den ostbelgischen Raum nach unserer eigenen Raumvision gestalten.
Dieser kausale Zusammenhang zwischen Autonomie und Dienstleistungen besteht in vielen Bereichen: Gesundheit, Bildung, Jugend, Kultur, Medien, Senioren, Kleinkindbetreuung, Beschäftigung, Unterstützung von Menschen mit Beeinträchtigung, Integration, Tourismus u.v.m.
Alle Menschen in unserer Gemeinschaft nehmen viele dieser Dienstleistungen tagtäglich in Anspruch. Es ist eine Selbstverständlichkeit.
Aber darin liegt auch eine Gefahr. Denn in dem Moment, in dem etwas als selbstverständlich angesehen wird, läuft man bereits Gefahr, dass man es verliert.
Die weitreichende Eigenständigkeit, die in einem dynamischen Prozess gewachsen ist, war und ist jedoch kein Selbstläufer. Viele Menschen haben sich seit den Anfängen der Autonomie dafür eingesetzt und viele werden sich auch in Zukunft dafür einsetzen müssen.
Begreift man, dass der konsequente Aufbau dieses breiten Dienstleistungsangebots erst infolge des Autonomieausbaus möglich war, dann versteht man auch, dass die anstehende siebte Staatsreform von fundamentaler Bedeutung für unsere Gemeinschaft sein wird.
Dabei geht es nur um eine entscheidende Frage: Wie können wir die neuen Zuständigkeiten nutzen, um die Lebensqualität der über 78.000 Menschen in unserer Gemeinschaft weiter zu verbessern?
Und wenn wir in zwei Jahren den 50. Geburtstag unserer Autonomie feiern, sollte es das zentrale Anliegen sein, den Menschen in unserer Gemeinschaft den sehr realen Mehrwert der Autonomie zu dokumentieren.
Freddy Cremer, Fraktionssprecher der ProDG-Fraktion im PDG