„Koalition ist krisenfest“

Für DG-Ministerpräsident Oliver Paasch (ProDG) ist der 4. März im gerade abgelaufenen Jahr politisch der schönste Moment gewesen, weil seinerzeit praktisch alle Corona-Maßnahmen aufgehoben wurden. Auch zu anderen Themen äußert er sich im Interview mit dem GrenzEcho.

Herr Paasch, welche Bilanz ziehen Sie für das abgelaufene Jahr?

Wir erleben seit fast drei Jahren die größten Krisen seit dem Zweiten Weltkrieg: Corona, Flut, Krieg, Inflation… Ich finde, dass unser Land bislang besser durch die Krisen gekommen ist als viele andere. Dazu hat die DG mit millionenschweren Hilfspaketen für unsere Bevölkerung und einer pragmatischen Lobbyarbeit in Brüssel ihren Beitrag geleistet. Gleichzeitig sind wir in Ostbelgien trotz Corona mit der Umsetzung unserer Reformen gut vorangekommen. Insofern bin ich mit der Arbeit unserer Regierung durchaus zufrieden. Gleichwohl sind die Krisen noch nicht überstanden. Es bleibt viel zu tun.

Welches war politisch der schönste Moment im Jahr 2022?

Der 4. März, als wir im Konzertierungsausschuss praktisch alle Corona-Maßnahmen aufgehoben haben, als eines der ersten Länder in Europa. Grundlage hierfür war das neu eingeführte Corona-Barometer. Damals sind wir dafür sowohl im Ausland als auch zum Teil zu Hause als unvorsichtig kritisiert worden. Viele haben uns vorhergesagt, dass wir die Einschränkungen schon bald – spätestens im Winter wieder einführen müssten. Heute wissen wir, dass wir damals richtig lagen. Die Pandemie ist vorbei.

Worüber sind Sie besonders stolz. Was ist gut gelungen?

Ich hatte schon mehr als ein Jahr zuvor im Konzertierungsausschuss die Einführung eines Corona-Barometers vorgeschlagen. Ich wollte, dass man sich weniger auf die Infektionszahlen als auf die Krankenhausaufnahmen konzentriert. Es hat lange gedauert, bis wir uns damit durchsetzen konnten. Am Ende hat es aber geklappt. Unser Durchhaltevermögen hat sich ausgezahlt. Wir haben unsere Freiheiten schneller zurückbekommen als viele andere. Und darauf bin ich schon etwas stolz. Genauso wie auf die Tatsache, dass die Regierung der DG im Gegensatz zu vielen anderen ihre Ziele trotz Krisen nie aufgegeben hat. Wir haben an all unseren Projekten festgehalten. Die Betreuungsplätze für Kleinkinder konnten deutlich ausgebaut werden. Die Gehälter in der Seniorenpflege werden, wie versprochen, um bis 20 Prozent erhöht. Die Anstrengungen zur Förderung der Mehrsprachigkeit tragen endlich Früchte. Die Arbeitsmarktreformen wurden verabschiedet. Unser neuer Klimaplan wird sehr positiv wahrgenommen. Die Energieprämine für private Haushalte wurden zum Beispiel versiebenfacht. Wichtige Denkmäler wie die Burgen in St.Vith und Hergenrath konnten geschützt werden. Der Ausbau des Glasfasernetzes kommt gut voran. Um nur einige Beispiele zu nennen. Stolz bin ich aber vor allem auf unsere Bevölkerung. Sie hat sich in all diesen Krisen als überaus solidarisch erwiesen.

Wie geht die DG-Regierung in den Endspurt vor den nächsten Wahlen?

Am Ende der Legislatur werden wir trotz Corona so gut wie alle Reformen verwirklicht haben, die wir uns 2019 vorgenommen hatten. Und wir werden noch vor den Wahlen wieder einen ausgeglichenen laufenden Haushalt hinterlegen. Wenn man bedenkt, dass die vier globalen Krisen uns in vielerlei Hinsicht bis ins Mark getroffen haben, ist das nicht selbstverständlich. Unsere Autonomie hat sich in Krisenzeiten bewährt. Nichtsdestotrotz haben die Krisen viel Zeit und Energie gekostet. Wir werden uns bis zu den Wahlen gewaltig anstrengen müssen, um das hinzubekommen. Es droht also keine Langeweile aufzukommen.

Es gibt Beobachter, die die jetzige Koalition aus ProDG, SP und PFF für ein Auslaufmodell halten. Was sagen Sie dazu?

Die Koalition hat sich als sehr krisenfest erwiesen. Sie hat gezeigt, dass sie auch in schwierigsten Situationen handlungsfähig bleibt, Kompromisse finden und mutige Entscheidungen treffen kann. Schauen Sie sich mal im Rest des Landes um! Das ist bei Weitem nicht überall so. Bei den nächsten Wahlen werden die Karten natürlich neu gemischt. Das ist Demokratie.

 

Treten Sie 2024 noch mal für eine volle Legislaturperiode als Ministerpräsident an?

Ja.

GrenzEcho am 02.01.2023