Kindergarten ab 2,5 Jahre: Eltern entscheiden

Ab dem Schuljahr 2024-25 besteht für alle Kinder der Deutschsprachigen Gemeinschaft die Möglichkeit, bereits mit zweieinhalb Jahren den Kindergarten zu besuchen. Dieses Angebot in Anspruch zu nehmen, wird nicht zur Pflicht, sondern bleibt die Entscheidung der Eltern. Kathy Elsen (ProDG) erkundigte sich bei ihrer Parteikollegin und für Bildung zuständigen Ministerin Lydia Klinkenberg nach dem Stand der Vorbereitungen der Herabsenkung des Eintrittsalters für den Kindergarten.

Es ist seit langem beschlossene Sache: Das Eintrittsalter für den Kindergarten wird ab dem Schuljahr 2024-2025 auf zweieinhalb Jahre gesenkt. Ab dann haben die Eltern die freie Wahl, ob sie ihre Kinder komplett oder teilweise in den Kindergarten bringen möchten. Unterrichtspflicht herrscht in der DG für Kinder erst ab dem Alter von fünf Jahren. Wie verändern sich die Zahlen zum Schulstart bzw. während den verschiedenen Phasen für die jeweiligen Kindergärten in den Schulen im Schuljahr 2024-25? Gibt es Listen, in denen die Geburten pro Ortschaft eingetragen werden, auf die die Schulen zeitnah Zugriff haben, um starke Veränderungen zeitig in Erfahrung zu bringen? Und wird beim Berechnen des Personalschlüssels bereits bei Schulstart geschaut, wie viele Kinder möglicherweise während des laufenden Schuljahres hinzu kommen können? Diese Fragen stellte ProDG-Abgeordnete Kathy Elsen an Ministerin Lydia Klinkenberg (ProDG) während der Regierungskontrollsitzung des für Bildung zuständigen parlamentarischen Ausschusses III. In ihrer Antwort verweist die Bildungsministerin darauf, dass die Bevölkerungszahlen zum 1. Januar 2023 benötigt würden, um die Kindergartenzahlen für das Schuljahr 2024-2025 berechnen zu können. Diese lägen jedoch erst im Juni 2023 vor, wenn das belgische Statistikamt (Statbel) ihre Zahlen diesbezüglich veröffentlicht. Daher sei für eine Einschätzung die Bevölkerungsprognose hinzugezogen worden. Die folgende Simulation sei also kein Bild der tatsächlichen Situation, sondern eine bestmögliche Schätzung.

Zum 1. Januar 2023 weist der Bevölkerungsstand laut Prognose 864 nulljährige Kinder in der Deutschsprachigen Gemeinschaft auf. Diese werden im Laufe des Schuljahres 2024-2025 zweieinhalb Jahre alt und erhalten somit Zugang zum Kindergarten. Da die Zahlen des Bevölkerungsstands nur auf Jahresbasis zur Verfügung stünden, werde in nachfolgender Simulation davon ausgegangen, dass die 864 Kinder gleichmäßig über das Jahr verteilt geboren seien, also 72 Geburtstage pro Monat. Ab dem 1. September 2024 könnten aufgrund der Herabsenkung des Kindergarteneintrittalters demnach 144 Kinder mehr das erste Kindergartenjahr besuchen als bei der aktuellen Regelung. Dabei handele es sich um jene, die im Januar und Februar 2025 drei Jahre alt würden. In der neuen Regelung dürften nach den Allerheiligenferien im November 2024 erneut 144 Kinder zusätzlich ins erste Kindergartenjahr einsteigen. Dabei handele es sich um diejenigen, die im März und April 2025 drei Jahre alt werden – insgesamt also 288 Kinder mehr als bei der jetzigen Regelung. Nach den Weihnachtsferien im Januar 2025 dürften erneut 144 Kinder zusätzlich das erste Kindergartenjahr besuchen: diejenigen, die im Mai und Juni 2025 drei Jahre alt werden – demnach dann 432 Kinder mehr als bei der aktuellen Regelung. In der neuen Regelung kämen dann ab dem 1. Januar 2026 nicht mehr Kinder hinzu als in der aktuellen Regelung.

Innerhalb des neuen Systems sei vorgesehen, dass die Kinder zwischen zweieinhalb und drei Jahren zu festen Zeitpunkten hinzu kommen. Und zwar jeweils am ersten Schultag nach den Sommerferien, am ersten Schultag des Monats Februar sowie am ersten Schultag nach Christi Himmelfahrt. Aktuell dürften die dreijährigen Kinder ab dem 1. Januar jeweils ab ihrem dritten Geburtstag den Kindergarten besuchen. Nach der aktuellen Bevölkerungsprognose besuchten demnach im Schuljahr 2024-2025 also maximal 432 Kinder mehr das erste Kindergartenjahr im Vergleich zur aktuellen Regelung.

Auf dem Statistikportal der Deutschsprachigen Gemeinschaft werden die Bevölkerungszahlen (unter anderem auch die Geburtsstatistik pro Gemeinde) veröffentlicht. Diese Informationen seien den Schulleitern und Schulträgern also frei zugänglich. Die Zahlen würden jedes Jahr im Juni für das vorhergehende Kalenderjahr von Statbel bereitgestellt und anschließend auf www.stbelgienstatistik.be veröffentlicht. Aufgrund der freien Schulwahl und der Tatsache, dass mit der Herabsenkung des Kindergarteneintrittalters das Schulpflichtalter nicht gesenkt worden sei und es den Eltern somit frei stehe, ob sie ihr Kind mit zweieinhalb Jahren bereits in einen Kindergarten einschrieben, könne keine Prognosen dazu erstellt werden, wie die Schülerzahlen in den einzelnen Kindergärten steigen werde. Bei der Berechnung des Stellenkapitals für den Kindergarten würden an den bestehenden Stichtagen jeweils nur die Kinder berücksichtigt, die mindestens an fünf halben Tagen anwesend gewesen seien.

Die Regierung werde per Dekret vorschlagen, zum einen die Normen für die Stellenberechnung im Kindergarten anzupassen und zum anderen einen zusätzlichen Stichtag zur Neuberechnung des Stellenkapitals im Kindergarten einzuführen, und zwar am fünften Schultag im Januar. Beide Maßnahmen führen zu einem vorteilhafteren Personalschlüssel, wodurch das Personal entlastet und die Kindergartenkinder bestmöglich gefördert werden sollten, so Ministerin Klinkenberg abschließend.

Kathy Elsen begrüßte die vorgesehene Neuberechnung des Stellenkapitals am fünften Schultag im Januar als „ein wichtiges Zeichen für die Kindergärtnerinnen“. Zudem hob sie hervor, dass es keine Pflicht, sondern die freie Entscheidung der Eltern sei, ihr Kind mit zweieinhalb Jahren in den Kindergarten zu schicken.

Andreas Jerusalem (Ecolo) sieht eine „spannende Phase vor uns liegen. Vielleicht auch eine sehr angespannte an gewissen Standorten“. Schließlich sei die Antragslage in baulicher Hinsicht schleppend in Gang gekommen. Jetzt auf der Zielgeraden würden einige Schulträger dann doch noch Initiativen ergreifen. Bleibe noch die Frage im Raum stehen: „Wird das rechtzeitig fertig?“. Zudem erinnerte der Ecolo-Politiker daran, dass der Personalmangel in den Primarschulen zur Zeit durch Kindergärtnerinnen und Kindergärtner abgemildert werde. Er vermute, dass ab 2024-2025 diese teilweise an die Kindergärten zurückkehren würden. Seiner Einschätzung nach könne es sich dabei um 22-25 Vollzeitäquivalente handeln. Es sei deshalb geboten, dies im Blick zu behalten, damit „in den Primarschulen nicht das große Chaos ausbricht.“

CSP-Politiker Colin Kraft verwies auf den klaren Bildungsauftrag der Kindergärten und darauf, dass bei zweieinhalbjährigen Kindern andere Maßstäbe herrschten als bei dreijährigen. Deshalb will er wissen, was von Seiten der Regierung vorgesehen sei, um zu vermeiden, dass „die Aufgaben der Kindergärtnerinnen nicht zu verschult werden?“. Alain Mertes (Vivant) mahnte an, „nah an den Kindergärten zu bleiben und schnell zu reagieren“ falls das nötig sei, da die Lage an manchen Kindergärten bereits jetzt sehr angespannt sei.

GrenzEcho am 14.02.2023