Die Unterstützungsmaßnahmen für Studenten zum erfolgreichen Bestehen des Studiums wurden im Rahmen der letzten Regierungskontrolle im zuständigen PDG-Ausschuss thematisiert.
Dabei bezog sich die ProDG-Abgeordnete Liesa Scholzen auf einen Artikel der Brüsseler Tageszeitung „Le Soir“ von Ende Dezember 2022, wonach Unterstützungsangebote oftmals ihr Ziel verfehlten. „Die Französische Gemeinschaft gibt in ihren Hochschulen jährlich 83 Millionen Euro für Angebote aus, die Studenten mit Schwierigkeiten unterstützen sollen. Diese Angebote muss jede Hochschule zur Verfügung stellen, sind aber nicht verpflichtend. Ziel ist es, die Abbruchsquote so niedrig wie möglich zu halten“, erklärte Liesa Scholzen.
„Allerdings scheinen die Angebote nicht effizient genug zu sein, und das falsche Publikum zu erreichen. Experten raten dazu, das Angebot verpflichtend zu machen. Es geht um Orientierungshilfe, Stressbewältigung, Organisation etc. und nicht um Nachhilfe in den Fächern“, fügte sie hinzu. Von Bildungsministerin Lydia Klinkenberg (ProDG) wollte sie wissen, wie hoch die Abbruch- und Wiederholungsquote in den verschiedenen Fachbereichen an der Autonomen Hochschule (AHS) ist, welche Angebote es für Studenten mit Schwierigkeiten gibt und wie Erfolg und Effizienz dieser Angebote evaluiert werden. Im Studienjahr 2021-2022 hätten 14 Personen im Fachbereich Bildungswissenschaften (das heißt 11 % der Studierenden), acht Personen im Fachbereich Gesundheits- und Krankenpflegewissenschaften (ebenfalls 11 %) und sieben Personen im Fachbereich Finanz- und Verwaltungswissenschaften (10 %) ihr Studium – vorwiegend im ersten Studienjahr – abgebrochen, berichtete die Ministerin in ihrer Antwort.
„Es gilt anzumerken, dass im Fachbereich Bildungswissenschaften zwei von den 14 Personen ihr Studienjahr dennoch bestanden hatten. Im Fachbereich Gesundheits- und Krankenpflegewissenschaften wurden vier Studierende, die das erste Jahr bestanden und dennoch ihr Studium abgebrochen haben, nicht berücksichtigt, da sie mit bestandenem ersten Jahr das Diplom zum Pflegehelfer erhalten haben.“ Ein Studienjahr wiederholt hätten 2021-2022 acht Personen in Bildungswissenschaften (6 % der Studierenden), vier Personen in Gesundheits- und Krankenpflegewissenschaften (ebenfalls 6 % der Studierenden) und sechs Personen in Finanz- und Verwaltungswissenschaften (12 % der Studierenden). Die Wiederholung eines Studienjahres erfolge tendenziell im ersten Studienjahr, so Lydia Klinkenberg.
Seit dem Studienjahr 2018-2019 biete die Autonome Hochschule ihren Studierenden kostenlos eine „coachingbasierte Begleitung“ an: „Anliegen, mit denen die Studierenden diese Begleitung in Anspruch nehmen können, sind: Lernstrategien verbessern, Lernmotivation, Umgang mit Stress, Prüfungsangst, Optimierung der Konzentration, Entscheidungsfindung, Zukunftsplanung, Überforderung, Umgang mit Misserfolgen, persönliche Belastung, Umgang mit Krisen usw“, erläuterte die Bildungsministerin.
In der Begleitung gehe es darum, dass die Studierenden eigene Ressourcen erkennen und lösungsorientiert einsetzen. Das persönliche Wohlbefinden und die individuelle Entwicklung ständen dabei im Vordergrund. Nach einem Erstgespräch, bei dem die Ausgangssituation und die Ziele geklärt würden, fänden nach individuellem Bedarf Treffen statt. Das Angebot werde von Dozierenden der AHS durchgeführt, die einer entsprechenden Ausbildung im Bereich Coaching und integrative Lerntherapie gefolgt sind. Lydia Klinkenberg präzisierte: „Es handelt sich explizit nicht um eine Nachhilfe, wobei auch individuelle Stützkurse oder begleitete Theorie- und Praxisstunden in einzelnen Fächern angeboten werden. Bei Bedarf werden externe Dienste hinzugezogen bzw. angeraten.“
Im Studienjahr 2021-2022 sei das freiwillige Angebot von insgesamt 25 Studierenden in Anspruch genommen worden. Zusätzlich zu den Einzelcoachings werde auch in Kleingruppen von maximal vier Studierenden themenspezifisch gearbeitet. Und neben der individuellen Bilanz mit den Studierenden am Ende der Beratung werde das Angebot auch von der AHS mittels Umfragen evaluiert. „Hier sind die Rückmeldungen durchweg positiv: Besonders werden die wertschätzende Atmosphäre und die Ausarbeitung von hilfreichen Strategien hervorgehoben. Studierende geben zudem an, ‘gestärkt aus dem Coaching zu gehen’“, berichtete die DG-Ministerin. Neben der individuellen Bilanz mit den Studierenden am Ende der Beratung werde das Unterstützungsangebot von der AHS mittels Umfragen jährlich evaluiert.
Nicht nur an das Studium, sondern auch an den Beruf denken.
Die Rückmeldungen für das Studienjahr 2021-2022 seien folgende: 87 % der Studierenden geben an, über die coachingbasierte Begleitung für Studierende informiert zu sein. 98 % der Studierenden beurteilen die erhaltene Unterstützung als zweckmäßig und 82 % der Studierenden beurteilen die Inhalte der Stützkurse positiv. Darüber hinaus geben 96 % der Studierenden an, dass sie Tipps und Anregungen bei Dozierenden einholen können, wenn sie Hilfe beim Lernen benötigen. Lydia Klinkenberg resümierte: „Dies verdeutlicht, dass es in der Autonomen Hochschule einen direkten Kontakt zu den Dozierenden gibt. Bereits erste Unklarheiten und Unsicherheiten können zeitnah und niederschwellig mit Dozierenden thematisiert werden.“
Die genannten Quoten ließen darauf schließen, dass das Angebot „gut angenommen“ werde, fasste Liesa Scholzen zusammen. Steffi Pauels (CSP) wertete das Hilfsangebot ebenfalls als positiv, verwies aber darauf, dass dieses auf den Primar- und Sekundarschulbereich ausgeweitet werden müsse. „Bedauerlich“ sei zudem, dass gewisse Maßnahmen zum Nachteilsausgleich zwar bis zum Abitur liefen, dann aber nicht mehr unbedingt von der AHS übernommen würden. Andreas Jerusalem (Ecolo) sprach sich dafür aus, ebenso Unterstützungsmaßnahmen für das Berufsleben vorzusehen. Man müsse nämlich nicht nur das Studium, sondern auch die Abbrecherquote in den ersten Berufsjahren im Blick haben. Es sei wichtig, um jede Lehrperson zu „kämpfen“, die einmal im System sei.
GrenzEcho am 30.01.2023