Sie kamen in friedlicher Absicht – soviel schien sicher. Mit Blauhelmen auf dem Kopf demonstrierten Ministerpräsident Oliver Paasch (ProDG) und seine Mitstreiter unmissverständlich, dass sie mit der Übernahme der Eyneburg, die vor wenigen Tagen offiziell abgeschlossen wurde, Gutes im Sinne haben. Zugegeben, die blauen Helme dienten angesichts des baulichen Zerfalls des Komplexes vorrangig dem eigenen Schutz, aber auch von der Symbolik her hätten sie nicht treffender gewählt werden können. Mit Gegenwehr hatten sie an diesem Tag ohnehin nicht zu rechnen, das Eingangstor stand am Freitagmorgen sperrangelweit für die Besucher aus Eupen und Kelmis offen und der kauzige Burgwart Martin Kurtz begrüßte die Gäste lauthals und freundlich. Die sprichwörtliche weiße Flagge war ohnehin schon vorab außerhalb der Burgmauern gehisst worden. Zwar nicht wirklich in Weiß, dafür aber einmal mit europäischem Motiv und andererseits mit dem Logo der Gemeinde Kelmis. Beide Exemplare wehten kräftig im Wind, doch gaben sie – größtenteils zerrissen und zerfasert – ein Trauerspiel ab. Ein Zustand, der aktuell zu dem der Eyneburg durchaus passt.
„Ein Projekt dieser Größenordnung, was die gesamte Restaurierung angeht, in der DG noch nicht gehabt.“
Ein böses Omen für die künftige Zweckbestimmung des jahrhundertealten Komplexes soll das jedoch nicht sein. Ganz im Gegenteil: Die DG hat nach eigenem Bekunden Großes mit der Eyneburg vor. Die sichtbar heruntergewirtschaftete Anlage soll in Zukunft wieder ansprechend hergerichtet und der Öffentlichkeit dauerhaft zugänglich gemacht werden. Bis dahin dürften allerdings so einige Hürden zu überspringen sein. Daran ließ auch die Ortsbesichtigung keine Zweifel. Von Raum zu Raum schlängelte sich der Tross durch die historische Gemäuer, die seit 1966 unter Denkmalschutz stehen. Und je länger die Führung durch das Anwesen dauerte, desto deutlicher wurde den Besuchern vor Augen geführt, dass es sicherlich nicht mit kleinen „kosmetischen“ Korrekturen getan sein wird, um das Gebäude wieder instand zu setzen. Die Außenhülle der Eyneburg mag auf den ersten Blick zwar unverwüstlich wirken, doch bei genauerem Betrachten wird deutlich, dass nahezu an jeder Ecke irgendetwas ab- oder herunterbröckelt. Vom Innenleben der Burg, das zwar mittelalterlichen Geist atmet, sich in der Vergangenheit vor allem aber als Rückzugsort für alle möglichen Tiere der Umgebung entwickelt hat, ganz zu schweigen. Kurzum: Der Zahn der Zeit hat nicht bloß ein wenig an der Eyneburg genagt, er droht sie zu zerreißen.
Dass der Zustand des Anwesens desolat ist, weiß auch Sabrina Goenen. Sie ist Referentin für Kulturerbe im DG-Ministerium und verweist auf einen drei Jahre alten Bericht, in dem statische Probleme des Kapellenturms und undichte Dächer aufgelistet wurden. „Generell gibt es Probleme mit Feuchtigkeit, die ins Gemäuer eindringt und den Zerfall beschleunigt“, erklärt sie. Deshalb seien zunächst provisorische Behelfsmaßnahmen angedacht, um den „Abwärtstrend“ schnellstmöglich zu stoppen. Klar sei aber auch, „dass einiges nicht zu erhalten sein wird, weil der Zustand einfach zu schlecht ist“. Insbesondere bei jenen baulichen Elementen, die aus Holz gefertigt sind, drohe ein Abriss. Grundsätzlich müsse man sich nun aber erst mal einen genauen Überblick über den Zustand der Bausubstanz machen, bevor eine Sanierung bzw. Restaurierung in Angriff genommen werden kann. Gleichwohl ist sich Sabrina Goenen bewusst: „Wir haben ein Projekt dieser Größenordnung, was die gesamte Restaurierung angeht, in der DG noch nicht gehabt.“
Da stellt sich die Frage: Hat die DG die Katze im Sack gekauft? Nein, so sei es nicht, man habe die gravierendsten Probleme schon im Vorfeld gekannt, stellte Ministerpräsident Oliver Paasch klar: „Das allererste Interesse der Gemeinschaft war, dieses wertvolle Denkmal abzusichern und vor dem weiteren Verfall zu bewahren“. Aber natürlich werde es in einem zweiten Schritt darum gehen, eine Restaurierung anzupeilen und die künftige Zweckbestimmung abzuklären. Feststehe bereits, dass die DG Eigentümerin der Eyneburg bleiben möchte. Dies, damit man „die Hoheit behält“ und weil sich die Geschichte des Zerfalls nicht wiederholen dürfe. Im Hintergrund, verriet Oliver Paasch, würden bereits „Verhandlungen mit einigen Interessenten laufen“. Konkret geht es darum, einen Erbpächter für die Eyneburg zu finden, der die Vorgaben seitens der DG einzuhalten bereit ist. Dazu gehört in erster Linie die öffentliche Zugänglichkeit des historischen Komplexes. Was die eigentliche Nutzung betrifft, wollte er sich allerdings zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in die Karten schauen lassen.
Dennoch darf man sich fragen: Wer soll das alles bezahlen? „Vieles hängt davon ab, was wir am Ende daraus machen wollen. Die Absicherung liegt in unserer Verantwortung. Danach bleibt die Frage zu klären, wer angesichts der künftigen Zweckbestimmung hier unter welchen Bedingungen wie viel investiert“, sieht der Ministerpräsident wohl auch den späteren Erbpächter in der „Bringschuld“.
Kabinettschef des Ministerpräsidentin soll nicht zum neuen Burgherrn werden.
In der Verantwortung steht zunächst einmal Daniel Hilligsmann. Der Kabinettschef des Ministerpräsidenten ist im Zuge des Kaufs als Vorsitzender der Betreibergesellschaft Eyne GmbH bezeichnet worden. Das hat doch ein gewisses Geschmäckle, urteilte manch Beobachter. Ein Kabinettschef als neuer Burgherr, also?
Auch hier wieder die Antwort von Oliver Paasch: Nein, so sei es nicht. Im Zuge der Übernahme habe man aus juristischer Sicht die Betreibergesellschaft zu 100 Prozent übernehmen müssen, da es sich bei den bisherigen Besitzern nicht um Privatpersonen handele. Deshalb habe die DG den Kauf über ihre Investitionsgesellschaft Proma AG abwickeln müssen. Über deren Verwaltungsrat wiederum hätte ein provisorischer Vorsitzender eingesetzt werden müssen – „und das ist üblicherweise der Kabinettschef des zuständigen Ministers“. „Zudem ist das Ganze unentgeltlich, und zum anderen nur für eine sehr begrenzte Zeit. Es geht darum, die juristische Brücke bis zum Abschluss eines Erbpachtvertrags schlagen zu können“, versicherte der Ministerpräsident.
GrenzEcho am 04.02.2023