• J.DG

Handyverbot? Wir haben bessere Ideen!

Die Sommerferien sind zu Ende und das neue Schuljahr hat begonnen – doch in Ostbelgien und der Französischen Gemeinschaft beginnt es mit einem Einschnitt: Der Gebrauch von Smartphones und Smartwatches ist nun untersagt.

Das Ziel klingt nachvollziehbar: Lernumfeld verbessern, Mobbing eindämmen, Leistungen steigern. Wer will das nicht? Doch die Frage ist nicht, ob wir handeln sollen, sondern wie.

Mit dem Handyverbot reiht sich Ostbelgien in eine wachsende Zahl von Ländern und Regionen ein, die ähnliche Verbote eingeführt haben. Man könnte daraus schließen, dass solche Maßnahmen also besonders wirksam sein müssen. Denn warum sonst würden so viele Bildungssysteme diesen Schritt gehen?

Doch dieser Eindruck täuscht unserer Meinung nach. Die Studienlage zu diesem Thema ist ernüchternd. Viele Untersuchungen basieren auf völlig anderen Schulsystemen oder konzentrieren sich auf jüngere Kinder in der Primarstufe. Einige Studien kommen sogar zu gegenteiligen Ergebnissen. Einig sind sich Forschung und Fachwelt bei einer anderen Aussage: Ein grundsätzliches, pauschales Verbot wird überwiegend abgelehnt.

Wir sind überzeugt, dass es in Zukunft Alternativen geben könnte. Hier sind Vorschläge, die uns am meisten überzeugt haben:

· Eine Unterscheidung von Jahrgangsstufen:

Beispielsweise zwischen Unter- und Oberstufe. Mit fortschreitendem Alter dürfen und sollten wir von unseren Jugendlichen mehr Reife und Verantwortungsbewusstsein erwarten – und ihnen entsprechend mehr Freiheiten zugestehen. Nun aber werden 17- und 18-jährige Schülerinnen und Schüler gleichbehandelt wie Kids aus der Unterstufe. Ehrlich gesagt sogar wie Kinder in der Primarschule. Ist das sinnvoll?

· Mit den Schülern reden, anstatt über ihre Köpfe hinweg zu entscheiden:

Regeln und Verbote werden viel eher akzeptiert und eingehalten, wenn sie gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern erarbeitet werden. Hierzu können Schüler in einer Arbeitsgruppe oder im Rahmen einer Projektwoche Regeln und mögliche Konsequenzen erarbeiten und später mit Lehrkräften und Eltern besprechen. Ein Regelwerk, das von allen Seiten mitgetragen wird, ist einfacher durchzusetzen – und schafft gleichzeitig Verständnis für die dahinterliegenden Absichten.

· Einrichtung von Zonen mit klaren Regeln:

Warum nicht Orte wie Mensa oder Mediothek als handyfreie Bereiche definieren – und im Gegenzug Zonen schaffen, in denen Smartphones genutzt werden dürfen? Diese räumliche Trennung wäre leicht umzusetzen und könnte klare Orientierung bieten. Darüber hinaus existieren in Schulen bereits zahlreiche Regelungen, die den Umgang mit Handys klar festlegen.

· Einrichtung von Zeiten, in denen Smartphones erlaubt oder untersagt sind:

Die Schulen können klare Zeitfenster festlegen, in denen Smartphones erlaubt bzw. untersagt sind. Denkbar wäre auch eine Regelung, bei der Handys in Pausen genutzt werden dürfen, in Freistunden jedoch nicht – oder andersherum. Hierbei könnte man gewisse Ausnahmen für die Oberstufe festlegen, oder das Smartphone erlauben, wenn es sichtbar als Arbeitsinstrument für Schulzwecke benutzt wird.

· Workshops zur Medienkompetenz statt genereller Verbote:

In vielen Sekundarschulen gibt es inzwischen keine Dezemberprüfungen mehr. Dadurch entfallen 2–3 Wochen Prüfungszeit – ein idealer Zeitraum, um für alle oder bestimmte Jahrgänge Workshops zum Thema „Digitale Medien und verantwortungsvoller Umgang“ anzubieten. Diese könnten von fähigen Experten und Pädagogen begleitet werden.

Wir möchten die Schulverantwortlichen ermutigen, über diese Ideen nachzudenken.

Wobei wir betonen möchten: Wir verharmlosen die Risiken nicht. Der Einfluss sozialer Medien auf Jugendliche – sei es durch TikTok, Instagram oder andere Plattformen – ist ein ernstzunehmendes Thema. Aber echte Sicherheit entsteht vor allem durch Aufklärung, klare Regeln und praktische Kompetenzvermittlung. Gerade weil Smartphones Teil des Alltags sind, müssen wir junge Menschen befähigen, verantwortungsvoll mit ihnen umzugehen. Um Jugendliche zu schützen, braucht es kein generelles Verbot in den Schulen, sondern vielmehr Unterstützung durch Aufklärung aber auch gesetzliche Maßnahmen – beispielsweise ein Mindestalter für Smartphones oder Apps, Sperrungen, die Möglichkeit zur einfacheren Meldung gefährlicher Inhalte oder Warnhinweise auf EU-Ebene.

Liebe Schülerinnen und Schüler: Es gibt Alternativen zu einem generellen Verbot. Gute, durchdachte, dialogorientierte Alternativen. Das aktuelle Verbot wird so schnell nicht aufgehoben werden – das ist uns bewusst. Doch wir hoffen, dass in den kommenden Jahren ein Umdenken einsetzt und unsere Vorschläge aufgegriffen werden. Ein moderner, reflektierter und pädagogisch sinnvoller Umgang mit digitalen Medien – das wäre der richtige Weg.

Wir wünschen allen Schülerinnen und Schülern ein erfolgreiches Schuljahr, inspirierenden Unterricht und viele schöne Momente mit euren Freundinnen und Freunden.