Stellungnahme von Alfons Velz im Plenum vom 23. November 2015
Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen .aus Regierung und Parlament,
als ich acht Jahre alt war, hat mich anlässlich eines Familienausfluges im prall gefüllten VW-Käfer der gewaltige Damm, der damals auf der Bundesstraße zwischen Losheimergraben und Hellenthal für das sogenannte „Hollerather Knie“ aufgeschüttet wurde, mächtig beeindruckt. Später staunte ich nicht weniger, wie tief die Serpentinen am „Hollerather Berg“ ausgebaggert wurden: Man baute dort ein fast zwei Meter hohes Straßenfundament aus grobem und offenem Lavagestein, auf dem die mindestens zwanzig bis dreißig Zentimeter dicke Asphaltschicht einen sicheren Halt fand und sich gleichzeitig je nach Temperatur dehnen oder zusammenziehen konnte.
Heute, mehr als fünfzig Jahre später, fahre ich immer noch regelmäßig über diese Straße und stelle entspannt fest, dass sie wie am ersten Tag liegt: keine Risse, keine Dellen, kein Schlagloch, kein holpriger Flickentepich, keine herumfliegenden Asphaltstücke … Stattdessen eine nach fünfzig Jahren immer noch intakte, fein ausgeklügelte Kurvenneigung, die nicht nur das Fahren zum Genuss macht, sondern so ganz nebenbei auch noch für eine effiziente Entwässerung sorgt. Ein erholsamer Fahrkomfort für mich, der sich im Alltag ständig mit den gefährlichen und unfallträchtigen Aquaplaningstreifen der Vennstraße konfrontiert sieht, die sich im Winter in noch weitaus gefährlichere Schlittschuhpisten verwandeln.
Oder: wer aus unserer Heimat kennt nicht folgendes Bild: Wenn die Kinder nach einem Ausflug zum Phantasialand abends bei der Heimfahrt zur Freude der Eltern selig schlummernd auf dem Rücksitz lagen, brauchte man sich keine Gedanken darüber zu machen, wie man sie möglichst schonend aus dem Schlaf reißen könnte, um sie zu Bett zu bringen: Kurz nach dem Grenzübertritt bei Losheimergraben waren sie nämlich plötzlich hellwach. Dafür sorgten von ganz alleine die Schlaglöcher und Asphaltknubbel der letzten Kilometer unserer Heimreise.
Ich bin sicher, dass fast alle hier im Raum ähnliche Erinnerungen und Eindrücke in den schillerndsten Farben vortragen könnten, allein der jahrzehntelange Zustand der Monschauer Straße könnte Bände mit Geschichten füllen.
So ist es eigentlich ganz normal, dass dieses Thema an allen Theken Ostbelgiens ein Dauerbrenner war und ist. Legitim ist auch, dass sich das Parlament damit beschäftigt.
Es spricht also nichts gegen den Resolutionsvorschlag von Vivant zu den Straßenzuständen. Nichts spricht dagegen, sich hinter die Forderungen des Ursprungstextes nach Überprüfung und Abänderung der bestehenden Normen zu stellen und sich sowohl für eine bindende Garantieleistung durch die ausführenden Bauunternehmen stark zu machen und die Verlängerung der Garantie einzufordern.
Mehr noch, der Ursprungstext verdient die volle Unterstützung durch die Mehrheit dieses Hauses. Und die ist gegeben.
Nach näherem Hinsehen, sozusagen nach der zweiten Lesung des Vorschlages, einigten sich die Mehrheitsparteien darauf, sogar noch einen Schritt weiter zu gehen und den vorgeschlagenen Ursprungstext der Resolution noch etwas zu präzisieren und zu vertiefen.
- So sind wir beispielsweise der Ansicht, dass der Unterhalt, bzw. der Austausch der Abnutzungsschicht der Straßen aus Kosten- und Effizienzgründen regelmäßiger und häufiger als bisher durchgeführt werden muss.
- Ebenso bedeutsam ist es, hervorzuheben, wie wichtig eine Verbesserung des Zugangs zu den Gewerbezonen, den Bildungseinrichtungen, den Krankenhäusern und den touristischen Zentren ist.
- Auch sind wir der Ansicht, dass Unterhalt und Winterdienst der Regionalstraßen noch effizienter gestaltet werden könnten, wenn diese in einer Hand lägen, nämlich in der Hand der Gemeinden. Das lässt sich sehr einfach und für jeden nachvollziehbar begründen: Warum sollten unsere Gemeinden nicht in der Lage sein, die 200 Km Regionalstraßen, die sich auf dem Gebiet der DG befinden, genau so gut zu verwalten und in Stand zu setzen, wie sie es mit den 2000 Km Gemeindestraßen seit fast zehn Jahren erfolgreich tun ? Die Gemeinden gestalten, unterhalten und verwalten seit fast einem Jahrzehnt autonom und nach einem einvernehmlich erstellten finanziellen Verteilerschlüssel erfolgreich zehn mal so viel Straßenkilometer in der DG wie es hierzulande Regionalstraßen gibt. Käme also die Gestaltung und Verwaltung dieser 200 Km Regionalstraßen noch zu den 2000 Km Gemeindestraßen hinzu, würde das die Gemeinden ganz bestimmt nicht überfordern, im Gegenteil, sie würden mit Sicherheit ganz schnell wirksame Synergien für effiziente und kostengünstigere Winterdienste entwickeln oder Bau- oder Unterhaltsmaßnahmen an den bisherigen Regionalstraßen, die durch Ortschaften führen, besser und wirksamer koordinieren können.
- Und so ist auch die von der Mehrheit ebenfalls hinzugefügte Forderung nach Übertragung der Zuständigkeit für den regionalen Straßenbau an die DG einfach nur eine logische Folge der von mir gerade genannten Präzisierungen. Es versteht sich natürlich von selbst, dass eine solche Übertragung erst nach einer gründlichen Ermittlung des erforderlichen Investitionsbedarfs und mit der Übertragung der entsprechenden angemessenen Finanzierungsmittel von Erfolg gekrönt werden kann.
Wir haben also den Resolutionsvorschlag der Herren Balter und Mertens wortwörtlich übernommen und ihn um unsere Vertiefungen und Ergänzungen erweitert.
Dass der abgeänderte Resolutionsvorschlag mehrheitsübergreifend von sieben der acht Mitglieder des Ausschusses eingereicht worden ist, eröffnet zumindest theoretisch die Möglichkeit, die Resolution heute Abend einstimmig zu verabschieden. Auf jeden Fall wäre das ein eindeutiges Signal in Richtung Namur.Die DG hat in den letzten vierzig Jahren in allen Bereichen, wo ihr die Befugnis übertragen worden ist, bewiesen, dass sie alle ihr übertragenen Zuständigkeiten erfolgreich ausgefüllt hat. So sind wir fest davon überzeugt, dass der beste Weg zu einer Verbesserung der Straßenzustände hierzulande über eine Übertragung dieser Befugnis an die DG geht – natürlich mit der angemessenen Finanzierungsmitteln.
Wir sind der festen Meinung, dass nach einer solchen Übertragung schon in absehbarer Zeit die desaströsen Straßenverhältnisse hierzulande der Vergangenheit angehören werden. Wir sind der Meinung, dass die augenblicklichen Straßenzustände genau so schnell vergessen sein werden wie die Ellenbogentaktik, die Bettelbriefe, die Pilgerfahrten und das Klinkenputzen bei den zuständigen Ministern seinerzeit in Namur, als es um die Genehmigung von Zuschüssen für die Kommunalstraßen ging.
Gottseidank ist das Schnee von gestern und seit Übertnahme der Zuständigkeit für die Kommunalstraßen durch die DG längst einem fairen, hier vor Ort selbstbestimmten, Verteilerschlüssel gewichen.
Für die Übertragung der Zuständigkeit für die Regionalstraßen an die DG wird keine Verfassungsänderung und kein politisches Erdbeben benötigt, es braucht dafür nur den politischen Willen der Wallonischen Region den Mut der DG und ihrer Gemeinden, auch diese Verantwortung zu übernehmen.
Dass dies realisierbar ist, zeigt uns die Autonomiegestaltung der letzten Jahrzehnte und auch die Tatsache, dass schon mehr als 90% der Straßen in der DG erfolgreich von uns selbst verwaltet werden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit