Ein simples Durchwinken des derzeit die öffentliche Debatte beherrschenden transatlantischen Freihandelsabkommens zwischen Europa und den USA (TTIP) wird es in der DG nicht geben. Die DG-Regierung stellt Bedingungen.
Die Regierung ist nicht bereit, infolge eines Handelsabkommens auf grundlegende Werte, Standards und demokratische Grundprinzipien zu verzichten, die sich Europa in den vergangenen Jahrzehnten mühevoll erarbeitet hat und die unsere Lebensqualität ausmachen.
Im Falle einer Ablehnung des TTIP durch das Parlament der DG würde dieses Abkommen nirgendwo in Kraft treten können.
Vor diesem Hintergrund schlägt die Regierung vor, eine Ratifizierung an Vorbedingungen zu knüpfen.
Ministerpräsident Oliver Paasch hat sowohl das belgische Außenministerium als auch Verantwortliche im Umfeld der europäischen Institutionen bereits über diese Vorgehensweise informiert und auf die Vorbedingungen der DG-Regierung hingewiesen. Die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft stellt unter anderem folgende Bedingungen:
- Wir lehnen ein Absenken der hohen europäischen Verbraucherschutzstandards (z.B. im Bereich der Lebens- und Futtermittel) kategorisch ab. Durch das TTIP dürfen solche Standards nicht in Frage gestellt werden.
- Wir akzeptieren auch keine Absenkung von anderen wichtigen europäischen Standards, beispielsweise im Arbeitsrecht, Umweltschutz oder auch im Sozialbereich. Sozial-, Steuer- oder Öko-Dumping darf nicht zugelassen werden.
- Die EU-Grundrechtsnormen, insbesondere in Bezug auf Menschenrechte, müssen vorbehaltlos aufrechterhalten werden.
- Die öffentliche Daseinsvorsorge bzw. Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (wie z.B. Kultur, Bildung, Wasserversorgung, Gesundheit, soziale Dienstleistungen,…) müssen von den Auswirkungen dieses Abkommens ausgeklammert werden.
- Der EU-Rechtsrahmen zum Schutz personenbezogener Daten muss ebenfalls von dem Freihandelsabkommen ausgeklammert werden.
- Der Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen muss vom TTIP unberührt bleiben. Grundsätzlich ist sicherzustellen, dass die Möglichkeiten der einzelnen Staaten, z.B. Maßnahmen im Bereich öffentlicher Dienstleistungen oder zum Schutz sprachlicher und kultureller Vielfalt zu beschließen, auch künftig uneingeschränkt gegeben bleiben.
- Die Möglichkeiten demokratisch gewählter Einrichtungen Dienstleistungen z.B. auf Ebene der Bildung, der Kultur, der Medien und Pressedienste finanziell zu unterstützen, darf durch dieses Abkommen nicht eingeschränkt werden. Das Recht nationaler, regionaler und lokaler Behörden, in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen demokratisch legitimierte Maßnahmen zu ergreifen, muss unangetastet bleiben.
- Die Vertragsinhalte müssen den Prinzipien der Nachhaltigkeit in allen Bereichen Genüge leisten, insbesondere im Bereich der Energieerzeugung und –effizienz. Die klimapolitischen Ziele der EU dürfen nicht in Frage gestellt werden.
- Wir lehnen in den Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA privatrechtlich organisierte Schiedsgerichte zum Schutz von Investoren kategorisch ab. Die Lösung von Konflikten zwischen Staaten und privaten Unternehmen muss immer den demokratischen Grundsätzen entsprechen, öffentlich-rechtlich kontrolliert werden und unabhängig von privaten Lobby- Verbänden erfolgen.
Die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft geht davon aus, dass die vorgenannten Bedingungen Bestandteil der belgischen Verhandlungsposition auf europäischer Ebene sein werden.
Fazit: Sollten die vorgenannten Bedingungen im Zuge der Verhandlungen über das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP keine Berücksichtigung bzw. Erfüllung finden, wird die Regierung dem Parlament empfehlen, das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA … NICHT zu ratifizieren.